Mittwoch, 20. Februar 2013

Ge milis am fìon, tha e searbh ri dhìol - Der Wein ist süß, das Zahlen bitter

Bin gerade zu Hause angekommen. 11 Stunden Schlaf in drei Tagen. Passabel, so gut ging es mir schon lange nicht. Das ich überhaupt Zeit zum Schlafen finde, ist ein Wunder. Das Er mich schlafen lässt, ist ein Wunder.
Na klar, er will, dass ich fit bin. Bereit, wenn er mich ruft.
Es macht einen Haufen Arbeit, nicht aufzufallen.
Das Wohnzimmer aufräumen, Blumen gießen, lüften, freundlich die Nachbarn grüßen. Die Dinge im Griff haben.
Leere Whisky Flaschen sind überall in der Wohnung verteilt. Krank. Warum gerate ich immer in leichte Panik, wenn es an der Tür klingelt? Weil das Bett nicht gemacht ist? Weil ich jederzeit damit rechne, dass jemand mein Geheimnis entdeckt und mich dann nicht mehr in Ruhe lässt?
Ich bin einfach nicht gut genug vorbereitet. Nicht auf Besuch, nicht auf dieses scheinheilige Leben, dass eigentlich meins ist, aber dann auch wieder nicht. Nicht darauf, wie man die verdammten Flecken auf der Tischdecke wegbekommt. Nicht auf Gespräche, in denen das Wort "Tischdecke" vorkommt.
Ich kaufe einfach eine neue. Vielleicht auch gleich drei; als Ersatz.
Ich merke, dass ich Leuten manchmal unangenehm bin. Weil mein Verhalten sie verwirrt; weil ich immer ein anderer bin. Weil sie nicht wissen, was sie machen sollen, wenn ich ihnen in die Augen schaue. Weil der Blick zu intensiv ist, weil sie merken, dass ich mit ihnen 'irgendwas mache'. Weil ich durch ihre Augen direkt in ihren Kopf sehen kann. Weil ich so die Kontrolle übernehme, ohne sie es wissen zu lassen.
Aber ich darf nicht auffallen. Ich nicke, aber bringe die Gespräche auf andere Themen. Treffe mich mit Bekannten - verhalte mich ganz nach Dienstplan.
"Heute Abend passt es."
Nicken.
Wenn ich nicht auffallen will, muss ich das 'Normale' auch in der Nachbarschaft lernen.
"Wie geht es ihrem Mann, Frau Wese?" - "Ja, vielen Dank, dass sie das Paket entgegengenommen...Was für ein schlimmes Wetter..." - "Nein, ich habe noch nicht die Richtige gefunden, aber ich halte die Augen offen."
So schwer ist das doch nicht. Ich muss es jedenfalls versuchen.
Menschen lassen einander nicht in Ruhe. Sind einfach nicht dafür gemacht. Die Höhlen haben in den letzten hunderttausend Jahren Türen bekommen. Und Fenster. Und die Menschen haben sich daran gewöhnt, sie zu öffnen und zu schließen. Und weil Fenster und Türen nicht mehr ausreichten, benutzten sie den Computer. Brüllten es in die Welt hinaus. Komm her und sei mein Freund, und ich erzähle dir, was du nicht wissen willst.
Und dann kommen die Fragen.
Ich habe auch welche: Wie konnte das nur passieren? Und schleppt man bis in alle Ewigkeit die Seele eines Menschen mit sich herum, für dessen Tod man verantwortlich ist? Woher kommt das Blut, das in meinen Träumen unter der Tür hervorquillt? Und was ist das für eine Stimme, die ich höre?
Ich muss darauf achten, mich vernünftig zu ernähren. Obst zum Beispiel. Wieso nicht mal kochen?
Hab' ich doch gelernt.
Und spazieren gehen. Wie ein normaler Mensch eben.
Ohne dauernd zu analysieren.  
Ich habe mich für das andere Leben entschieden, aber mein altes lässt mich nicht los.
Das Monster hört zu - wühlt in meinen Gedanken. Es hört zu. Verzieht keine Miene. Es lächelt mir zu;
so wie jemand lächelt, der plötzlich genau weiß, was er zu tun hat.
Der sich auf den Augenblick freut, in dem das Opfer erkennt, dass es zum Opfer geworden ist.


Wie der Wind vom Meer
Der alles wegfegt. Hinaus aufs Meer, wo es untergeht.
Auf den Grund des Meeres zu den versunkenen Schiffen.

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